OBAMA LOBT MERKEL
|
»Sie versteht die Flüchtlinge, weil sie selbst mal hinter einer Mauer gelebt habt
Deutschland im Obama-Fieber!
Der US-Präsident ist heute Mittag in Hannover gelandet. Zwei Tage wird er in der niedersächsischen Hauptstadt bleiben.
Um 15 Uhr erreichte Barack Obama Schloss Herrenhausen, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfing ihn mit zwei Küsschen auf die Wange.
Foto: Fabian Matzerath
Foto: Fabian Matzerath
Merkel und Obama verstehen sich gut. „Ich betrachte Angela Merkel als eine meiner engsten Partner und auch als Freundin“, hatte der US-Präsident in einem Interview mit BILD am Samstag verraten.
Foto: AFP
Danach traten Merkel und Obama gemeinsam vor die Presse, zahlreiche deutsche und internationale Journalisten waren dabei. Zuvor hatten die beiden Regierungschefs ein Vier-Augen-Gespräch geführt, später kamen noch ihre Berater hinzu.
Das haben Obama und Merkel gesagt:
► Flüchtlingskrise: Bei der Pressekonferenz fand Obama großes Lob für Merkels Flüchtlingspolitik. Die Kanzlerin habe hier eine „großartige Führungsrolle“ übernommen.
Der US-Präsident lobte ihre „mutige Haltung“ in der Migrationsfrage – vielleicht, weil „sie selbst einmal hinter einer Mauer gelebt“ habe.
Obama: „Die Welt profitiert von Angela Merkel. (...) Ich bin stolz auf das deutsche Volk!“
Merkel lobte ihrerseits die Beteiligung der USA im Rahmen der Nato-Mission in der Ägäis im Kampf gegen Schleuserbanden.
Foto: AFP
► Syrien: Merkel zeigte sich besorgt angesichts der Kämpfe in Syrien. Sie nehme „sehr sorgenvoll“ zur Kenntnis, dass der Waffenstillstand nicht gehalten habe. Mit Obama sei sie sich einig gewesen, dass „alle Kraft“ darauf gelenkt werden müsse, den Friedensprozess zum Erfolg zu führen. Auch Obama sagte: „Wir machen uns große Sorgen um die tragische Situation dort. Ich lebe damit jeden Tag – ich lese darüber, spreche mit Menschen, die das Leid dort erfahren haben.“
Zu sogenannten Sicherheitszonen, die in Syrien zum Schutz von Zivilisten etabliert werden könnten, sagte Obama, dass es hierfür Bodentruppen bräuchte. Diese Möglichkeiten seien im US-Verteidigungsministerium besprochen worden, die Umsetzung sei schwierig. Er setze auf eine Lösung des Konflikts auf politischer Ebene.
► Afghanistan: Zur Lage in Afghanistan sagte die Kanzlerin: „Afghanistan muss weiter auf einem Kurs gehalten werden, der den Afghanen eine vernünftige Zukunft verspricht. Deutschland ist bereit, sich hier weiter militärisch zu engagieren.“ Die Botschaft an die Taliban müsse sein, dass die internationale Gemeinschaft Afghanistan nicht im Stich lasse.
► Nordkorea: Obama hat den von Nordkorea gemeldeten erneuten Raketentest verurteilt und dem Regime eine „Provokation“ vorgeworfen. Die USA hätten allerdings noch keine präzisen Informationen, sagte er. Klar sei aber, dass Nordkorea damit provozieren wolle. „Wir nehmen das sehr ernst.“ Obama forderte zugleich China auf, stärker auf Nordkorea einzuwirken. Mit Blick auf Südkorea und Japan fügte er hinzu, die USA würden „sicherstellen, dass unsere Verbündeten sicher sind“.
Foto: AFP
► Ukraine-Krise: „Wir stehen zu den Vereinbarungen von Minsk und wollen, dass sie schnellstmöglich umgesetzt werden. (...) Wir haben leider immer noch keinen stabilen Waffenstillstand und müssen auch im politischen Prozess vorankommen“, sagte Merkel.
► Bekämpfung von Terrorismus: „Wir gehen davon aus, dass wir starke Partner im Kampf gegen den Terrorismus und bei der Kooperation der Sicherheitsdienste sind“, sagte Obama mit Blick auf die Anschläge von Brüssel, Paris und San Bernardino. Bei der Terrorismus-Prävention würden dennoch die Bürgerrechte gestärkt und die Privatsphäre gewahrt, betonte der US-Präsident – wohl in Erinnerung an den Schaden, die der NSA-Skandal verursacht hatte. Damals hatte es große Kritik an der Zusammenarbeit mit den USA gegeben.
► Über ihre Beziehung als politische Partner: „Du bist während meiner gesamten Präsidentschaft eine Vertraute gewesen“, sagte Obama am Sonntag. „Ich möchte Dir persönlich für die Freundschaft danken.“ Weiter sagte er augenzwinkernd: „Sie hat sehr viel Humor, den sie nicht immer auf Pressekonferenzen zeigt. Das ist sie viel zu nervös, wenn ihr alle dabei seid.“ Merkel sprach Obama mit „lieber Barack“ an und duzte ihn auf Deutsch.
► TTIP: Zum Freihandelsabkommen TTIP sagte Obama, Merkel und er seien sich einig, dass die USA und die EU mit den Verhandlungen vorankommen müssten. Das Abkommen werde hilfreich sein, um die europäische Wirtschaft wachsen zu lassen, sagte Merkel.
Foto: AFP
Nächster Termin: Eröffnung der Hannover Messe
Im Anschluss an die Pressekonferenz ging es Auto zur Messe Hannover, die der US-Präsident mit eröffnete.
Die USA sind das diesjährige Gastland der Messe.
Foto: Getty Images
Foto: Getty Images
In seiner Eröffnungsrede sprach Barack Obama unter anderem über die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen.
Außerdem will er den internationalen Handel seines Landes weiter ausbauen. Er sei hier, um den Handel mit Deutschland, Europa und der ganzen Welt voranzutreiben, sagte Obama.
Er verwies auf das Wachstum in den deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen. „Die USA und die EU haben die engsten gegenseitigen Investitionen in der ganzen Welt.“
Es gebe aber noch zu viele Hindernisse für den transatlantischen Warenverkehr, sagte Obama und warb für das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU.
Foto: AP/dpa
Obama konnte sich bei seiner Rede einen Kommentar zu 500 Jahren Reinheitsgebot des Bieres nicht verkneifen und scherzte: „Vielleicht mache ich bei den Feierlichkeiten mit.“
Erst im vergangenen Sommer hatte Obama bei einem Abstecher in den Alpenort Krün Erfahrungen mit dem bayerischen Bier gemacht: Zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel stärkte Obama sich damals mit Weißwurst und alkoholfreiem Weißbier für die G7-Beratungen auf Schloss Elmau.
Nach der Rede des US-Präsidenten sprach die Kanzlerin anlässlich der Eröffnung der Messe.
Foto: Reuters
Mit Blick auf die Renaissance der Industrie in den USA sagte Merkel:
„Wir wissen das, und wir sind gewappnet. Wir lieben den Wettbewerb, aber wir gewinnen auch gerne.“
Außerdem betonte Merkel, wie wichtig ihr die transatlantischen Partnerschaft ist:
„Es ist Zeit, viele Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 26 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, ein neues Bekenntnis zur transatlantischen Partnerschaft abzugeben.“
Hinsichtlich des Wettbewerbs der Industriestandorte sieht die Kanzlerin Deutschland auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel:
„Dies ist eine Zeit, in der die Zukunftsweichen gestellt werden über die Stärke der großen Industriestandorte in der Welt. Und wir haben diese Schlacht - das sage ich jetzt für die europäische Seite, für die deutsche Seite - noch nicht gewonnen. Wir haben gute Ausgangspositionen, und deshalb schätzen wir den Austausch auf dieser Messe ganz besonders.“
► Um 20 Uhr soll es ein Festessen im großen Festsaal von Schloss Herrenhausen geben.
Das Verhältnis Obama und Merkel war zwischenzeitlich wegen der Geheimdienstaffäre um die US-Spionage, von der auch die Kanzlerin betroffen war, getrübt. Es gilt zugleich aber als geprägt von Verlässlichkeit.
Themen ihres Gesprächs dürften neben den bilateralen Beziehungen die großen Themen der Weltpolitik sein: die Krisen in Syrien und Libyen und damit verbunden die Terrorgefahr und die Flüchtlingskrise, der Krieg in der Ukraine, die Zukunft Europas und besonders die Gefahr eines sogenannten Brexits, des Austritts Großbritanniens aus der EU. In London hatte Obama zuvor die Briten ungewöhnlich deutlich davor gewarnt.
Es ist das erste Mal, dass ein US-Präsident zum Auftakt der Messe kommt. Es schließt sich ein Abendessen im herrschaftlichem Rahmen des Schlosses mit führenden Wirtschaftsvertretern an.
Um 12.40 Uhr war Obamas Air Force One auf dem Flughafen in Hannover gelandet. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der US-Botschafter in Deutschland John B. Emerson sowie der Protokollchef des Kanzleramts hatten ihn dort begrüßt.
Vom Flughafen ging es in Obamas Luxus-Limousine „The Beast“ zum Frischmachen ins „Seefugium“, wo er während seiner Zeit in Hannover residiert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen