Kalifornien
Das Stars-und-Sternchen-Hotel
Von Bettina Hensel
Hollywood war zuletzt nur noch ein dreckiges Pflaster von Los Angeles. Auch die liebste Unterkunft der Filmstars, das Roosevelt, hatte schon bessere Tage erlebt. Heute feiert der Stadtteil und mit ihm die Edelherberge eine Renaissance - die Traumfabrik ist wieder gern zu Gast.
Sie lässt sich noch nicht am Pool des Roosevelt-Hotels blicken, Lindsay Lohan. Vielleicht ist es um elf Uhr vormittags noch zu früh für gestrauchelte Töchter Hollywoods, dabei liegt sie hier doch so gern mit ihrer neuen Freundin, so tuscheln zumindest die US-Kolumnisten. Dafür malträtiert in Blickrichtung zwölf Uhr ein kreideblasser IT-Nerd mit Baseballcap die Tasten seines Laptops, auf fünfzehn Uhr wetteifern drei gut gebräunte Spanier in Shorts auf den mit weißem Frottee überzogenen Teakholz-Liegen um die dekorativste Sonnenbadeposition. Und direkt vor dem Pool stehen zwei Barkeeper der hippen "Tropicana Bar" und kicken mit sich selbst anspornendem Zurufen ein paar bunte Schaumrollen und Tiere ins Wasser. "Tor!" Ein leichter Wind lässt das Spielzeug über die filigranen blauen Kringel, die der berühmte Pop-Art-Künstler David Hockney Ende der 1980er auf den Boden des Beckens gemalt hat, dahin treiben.
KALIFORNIEN: IM LIEBLINGSHOTEL DER STARS
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Die platinblonde Hollywood-Legende war nicht die einzige Prominente, die durch die prächtigen Schwingtüren des ehemaligen Haupteingangs am Hollywood Boulevard, gleich gegenüber des berühmten Filmtheaters "Grauman's Chinese Theatre", ein und aus ging. In der großen Ära der amerikanischen Filmindustrie war das im spanischen Stil erbaute Roosevelt Hotel nicht nur die erste Oscar-Verleihungsstätte im Jahr 1929, sondern auch privates Wohnzimmer der Traumfabrik-Größen. Clark Gable und Carole Lombard schliefen für fünf Dollar in der heute nach ihnen benannten dreigeschossigen Penthouse-Suite im 12. Stock des Hotelturms.
Kinderstar Shirley Temple übte auf den spanischen Treppen bei der Lobby Tanzschritte für ihren Film "The Little Colonel" von 1935. Und Schauspieler Montgomery Clift verließ, so heißt es, im Jahr 1952 drei Monate sein Zimmer 928 nicht, um manisch die Texte für den Kriegsfilm "Verdammt in alle Ewigkeit" auswendig zu lernen. Auch Schriftsteller und Künstler gesellten sich gerne zum Starreigen: Es heißt, F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway und Salvador Dalí fachsimpelten und tranken im ehemaligen Restaurant "Cinegrill" gerne Martinis. Die Liste prominenter Gäste und Besucher war in den Blütezeiten des Hotels, bis in die 1950er Jahre, lang. Die Zeiten waren gut.
Bis der Mythos des Stadtteils Hollywood langsam verfiel und mit ihm auch der Glanz des Roosevelt Hotels. Prächtige Filmtheater wurden zu Striplokalen, die Art-Déco-Fassaden bröckelten, und die Stars wanderten nach Beverly Hills oder Malibu Beach ab. Das einst so glamouröse Viertel verkam zu einem abgehalfterten Pflaster mit Obdachlosen, Gangs und Prostituierten. Einzig glamoursehnsüchtige Touristen pilgerten in den 1990er Jahren noch zu den Fuß- und Fingerabdrücken der Stars im ewigen Zement des "Walk of Fame" und kauften billig-funkelnde Oscar-Statuetten. Erst mit dem Engagement von Lokalpolitikern und Grundstückseignern, die eifrig an dem Comeback Hollywoods arbeiteten, gingen die dunklen Tage am Hollywood Boulevard vorüber. 2001 kehrten die Oscars heim ins Kodak Theatre, direkt neben dem Grauman's Chinese Theatre. Die urbane Bohème in Los Angeles entdeckte im verwahrlosten Viertel das Authentische als neuen Schick wieder - und auch das Roosevelt-Hotel erlebte mit Trommelwirbel und Applaus das hollywoodübliche Happy End.
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