München (F100) - Frustrierte Euro-Anleger blicken über den Großen Teich – und finden eine robuste Konjunktur, attraktive Aktien und obendrein eine Währung mit Chancen. Die USA sind als sicherer Hafen eine sichere Bank.
Für ihn ist es der Albtraum schlechthin: „Stellen Sie sich vor, Sie müssen sich nicht nur mit einem Kongress herumschlagen – sondern mit 17.“ So versucht US-Präsident Barack Obama seinen Landsleuten die Euro-Krise zu erklären. Und erläutert en passant die Stärke seines Landes: Die Vereinigten Staaten sind ein einheitlicher Politik-, Wirtschafts- und Währungsraum.
Diese Stärke spiegelt sich an den Finanzmärkten wider: Die wichtigsten amerikanischen Börsenbarometer schneiden seit Monaten besser ab als ihre Europa-Konkurrenten, der Dollar ist stark und trotz des Verlusts der Rating-Höchstnote spielen US-Staatsanleihen ihre Rolle als „sicherer Hafen“ voll aus. Für geplagte Euro-Anleger bietet sich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten als Fluchtpunkt für ihr Geld an. Mit welchen Aktien und Fonds Anleger ihr Geld jetzt am besten über den Großen Teich schicken, lesen Sie weiter unten.
Zeit überbrücken
„Die Amerikaner nutzen alle finanziellen Möglichkeiten, die sie haben, und überbrücken so die Zeit, bis der Privatsektor wieder ins Gleichgewicht kommt“, analysiert Peter Bofinger. Der Wirtschaftsprofessor, der Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung ist, meint, die Wirtschaftspolitik der USA sei in den vergangenen Monaten und Jahren besser gewesen als die der Europäer. Das zeigen die Ergebnisse: „In den USA geht die Arbeitslosigkeit zurück, in Euro-Land steigt sie. In den USA haben wir rund zwei Prozent Wachstum, in Euro-Land eine leichte Rezession“, rechnet der Experte vor.
„Die USA bieten mit ihrem robust abgestützten Wachstum und ihrer Gewinndynamik eine attraktive Alternative zu den derzeit schwer kalkulierbaren Risiken in Europa“, urteilt Silke Krüger von der Berenberg Bank. Ihre Analyse der Wirtschaft fällt durchweg positiv aus: „Die US-Wirtschaft gleitet im Wahljahr 2012 auf einer ´perfekten Welle´ aus großzügiger Geldpolitik und wenig ernsthaften Sparmaßnahmen“, analysiert die Expertin.
Nach dem Arbeitsmarktbericht für Mai, der überraschend schwach ausfiel und die Börsianer weltweit in Angst und Schrecken versetzte, sind nicht alle Experten der Meinung, dass es den USA so gut gehe. „Die Angst um den Wirtschaftsaufschwung ist übertrieben“, ist sich Bob Doll dennoch sicher. Der Chef-Aktienstratege von Blackrock, der größten Fondsgesellschaft der Welt, fasst seinen Optimismus so zusammen: „Der Immobilienmarkt gesundet weiter, die Unternehmen bleiben ein erfreulicher Punkt, die Inflation ist niedrig, die Zinspolitik ist locker, und wir erwarten, dass niedrigere Energiepreise im Sommer die Ausgaben der privaten Haushalte erhöhen.“
Anlegerherz, was willst du mehr, ist man versucht zu fragen. Dazu kommt noch, dass die Amerikaner es schon nach der Finanzmarktkrise 2008 geschafft haben, die Banken zu sanieren und mit genügend Eigenkapital auf gesunde Beine zu stellen – gegen entsprechende Auflagen. Das ist ein Prozess, den die Europäer jetzt noch vor sich haben.
Gefährliche Klippe
Politische Unsicherheiten kennen aber auch die Amerikaner. Deswegen ist Präsident Obama – wie sämtliche seiner Vorgänger auch – froh, es nur mit einem Parlament zu tun zu haben. Derzeit geht die Angst vor dem „fiscal cliff“ um: Ende des Jahres laufen Steuer- vergünstigungen aus der Bush-Ära aus, die automatisch wegfallen, wenn sich Präsident und Kongress nicht über eine Verlängerung einigen.
Beispielsweise würde der Steuersatz auf Dividendenerträge von derzeit 15 auf mehr als 43 Prozent für Spitzenverdiener steigen. Zusätzlich gibt es dann Ausgabenkürzungen, vor allem beim Militär. Insgesamt geht es um die stolze Summe von 600 Milliarden Dollar – und das in einem Wahljahr.
„Die Angst vor einem Scheitern könnte in den nächsten Monaten weiter für Turbulenzen an den Finanzmärkten sorgen“, räumt Blackrock-Stratege Doll ein. Aber auch in diesem Punkt ist der Experte optimistisch: „Wir rechnen damit, dass sich irgendein Kompromiss findet – was der US-Konjunktur helfen wird, den stabilen Wachstumspfad beizubehalten.“
Neue Geldspritze
Wenn die Konjunkturdaten – wider Erwarten – in den nächsten Wochen doch schwächer ausfallen als erwartet, dann zweifelt kaum ein Experte daran, dass die amerikanische Notenbank, die Federal Reserve, weiteres frisches Geld in die Finanzmärkte pumpt. Schon jetzt wächst die Geldmenge M1 in den USA deutlich – anders als in Europa, Japan und sogar China.
Mehr Geld ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Finanzmärkte. Kein Wunder, dass Anleger bereit sind, für US-Papiere höhere Bewertungen zu bezahlen. Kombiniert mit steigenden Unternehmensgewinnen, ist das Treibstoff für die Börse – vor allem relativ zu anderen Weltbörsen.
US-Fonds: 90 Prozent Plus
Ein Weg für Anleger, die von den Aussichten der USA profitieren wollen, sind US-Aktienfonds. Das Angebot ist riesig. Anleger sollten derzeit eher Fonds wählen, die nicht in Euro abgesichert sind.
Mehr als 90 Prozent Plus in drei Jahren können sich sehen lassen. Das schaffte der beste USA-Fonds in diesem Zeitraum, der MSIM US Advantage Fund. Gleich sechs Manager kümmern sich unter Führung von Dennis Lynch um das mehr als zwei Milliarden Dollar schwere Produkt. „Die US-Wirtschaft wächst weiterhin – und zwar kräftiger als die anderen Wirtschaftsmächte in den Industriestaaten“, ist Lynch überzeugt.
Der Experte setzt auf größere, etablierte Unternehmen. Zu den Top-Positionen in seinem Portfolio gehören der Internet-VersandhändlerAmazon, Apple und der Kindernahrungsmittel-Produzent Mead Johnson. Bei Mead Johnson ist Lynch von der dominanten Marktstellung in den Emerging Markets überzeugt. Vor allem die Geschäfte in Südamerika und Asien laufen hervorragend. „Die wachsende Mittelklasse, der höhere Anteil von erwerbstätigen Frauen und höhere Geburtenraten in den Schwellenländern werden die Nachfrage nach den Produkten des Konzerns ankurbeln“, verdeutlicht Lynch an diesem Beispiel die Auswahlkriterien für Aktien in dem Portfolio.
Der US Fundamental Growth von Pioneer liegt nur knapp zwei Prozentpunkte hinter dem MSIM-Produkt. Apple, das Kreditkartenunternehmen Mastercard und die Software-SchmiedeMicrosoft finden sich in dem von Timothy Mulrenan gemanagten Produkt unter den Top-Positionen. Die US-Wirtschaft werde langsam, aber stetig wachsen, erwarten die Pioneer-Experten. Vor diesem Hintergrund seien US-Papiere auf Grund der günstigen Bewertung und der steigenden Unternehmensgewinne interessant.
„Steigende Umsätze plus ein Hafen im Sturm ergeben ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis“, schreiben die Experten von JP Morgan über eine Studie der Aktie von Walmart. Das Papier des größten Einzelhändlers der Vereinigten Staaten nötigte Investoren in den vergangenen Jahren bestenfalls ein müdes Gähnen ab. Jetzt ist das Papier aus der Handelsspanne von 45 bis 60 Dollar nach oben ausgebrochen. Das signalisiert weitere Kurszuwächse für die nächsten Wochen.
Dabei ist die Ausgangslage für den Handelsriesen mit 440 Milliarden Dollar Jahresumsatz, der 71 Prozent seiner Umsätze in den USA erwirtschaftet – der Rest kommt vor allem aus Großbritannien, Brasilien und China -, gar nicht so rosig, wie man vermuten könnte. Denn: Wegen der schlechten Wirtschaftslage gehen die Amerikaner gleich zu Billig-Discountern wie Dollar Tree, Dollar General oder zur Aldi-Tochter Trader Joe´s und nicht zum traditionellen Discounter Walmart. Das Unternehmen aus Arkansas kontert aber mit der Senkung der eigenen Kosten – und deutlich steigenden Margen. Zusätzlich versteht sich das Management immer wieder auf geschickte Übernahmen.
B&G: Amerikanische Leckerlis
Läuft Ihnen bei Ortega Tacos, Cream of Wheat, Polaner oder Vermont Maid das Wasser im Mund zusammen? Oder zucken Sie nur mit den Schultern? Im ersten Fall haben Sie wahrscheinlich länger in den USA gelebt oder verbringen dort öfters einen Urlaub. Denn es sind alles Lebensmittelmarken, auf die die Amerikaner schwören. Hergestellt werden sie von B&G Foods aus Parsippany im Bundesstaat New Jersey.
Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise? Keine. Das Unternehmen wächst – und zwar kräftig. Im ersten Quartal stieg der Umsatz um 20 Prozent, der Gewinn sogar um 26 Prozent. Die Rekordergebnisse können sich sehen lassen. Zumal das Unternehmen eine saubere Bilanz ohne große Schulden und eine Dividendenrendite von 3,5 Prozent vorzuweisen hat.
Die Einnahmen des Unternehmens kommen fast ausschließlich aus den USA, Kanada und Mexiko. Negative Effekte eines starken Dollar sind hier also nicht zu befürchten: Im Gegenteil. Denn: Einen Teil der Rohstoffe kauft B&G Foods außerhalb Nordamerikas ein. Für Euro-Flüchtlinge eine gute Kombination – vor allem wenn die US-Konsumausgaben weitere Erholungstendenzen zeigen.
AT&T: Die Mutter aller Telekoms
Haben Sie schon einmal versucht, in den USA außerhalb der großen Städte und abseits der wichtigsten Interstates mit dem Handy zu telefonieren? Oder gar ins Internet zu gehen? Versuchen Sie es erst gar nicht. In den meisten Fällen wird es im Frust enden. Und das in der mächtigsten Industrienation der Welt. Es gibt also noch viel zu tun für die Telekommunikationskonzerne. Allein die Verbindungen in den US-Metropolen bringen AT&T aufs Siegertreppchen der weltweit größten Telekommunikationskonzerne, gemessen am Umsatz.
Die Amerikaner machen – abgesehen von Roaming-Einnahmen, die anfallen, wenn Kunden im Ausland telefonieren – fast den gesamten Umsatz in den USA. Das Wachstum kommt bei der Mutter aller Telefongesellschaften wie bei der Konkurrenz auch von der ständig steigenden Nutzung von Smartphones. Gegenwärtig profitiert AT&T von den knappen Sendelizenzen in den USA und den dadurch stetig steigenden Preisen. In ländlichen Gebieten will das Unternehmen jetzt zehn Millionen Kunden an das Breitbandnetz anschließen – und rechnet mit guten neuen Umsätzen.
source: focus money
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