Trainees im Ausland
Ich will nach Kalifornien!
Als Trainee für einige Monate ins Ausland - das machen viele. Direkt bei einem ausländischen Arbeitgeber anheuern, das ist schon schwieriger. Eine junge Kanadierin erzählt, wie sie in Deutschland landete. Und eine Deutsche, wie sie sich ihren Kalifornien-Traum erfüllte.
Zwei Monate in Indien, China oder den USA arbeiten, den Flug vom Arbeitgeber bezahlt bekommen, für viele Trainees gehört das zum Standardprogramm. Jedes dritte Unternehmen bietet seinen Nachwuchskräften einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt an, hat die jüngste Absolventenstudie des Haniel-Konzerns ergeben.
Das Auswandern auf Zeit hat viele Vorteile: Sich in einem fremden Land durchzuschlagen erweitert den Horizont, schult das Einfühlungsvermögen, wirbelt Scheingewissheiten durcheinander. Warum also nicht bei einem ausländischen Arbeitgeber anheuern und statt zwei, drei Monate gleich ein ganzes Jahr bleiben?
Das dachte sich Anika Wolter, 23, und suchte nach einem Traineeprogramm in den USA. Schnell stellte sie fest, dass es gar nicht so leicht ist, eine Traineestelle im Ausland zu ergattern. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit vermittelt junge Deutsche weltweit: als Verkäufer und Kellner ins Epcot-Center von World Disney World, in spanische Strandbars, Restaurants oder Einkaufszentren - aber Traineeprogramme hat sie nicht im Angebot.
Auch beim Raphaels-Werk, einem gemeinnützigen Verein, der Auswanderer berät, ist man beim Stichwort Trainee eher ratlos: Wer eine Stelle sucht, solle sich direkt auf den Internetseiten ausländischer Firmen informieren. Anika Wolter, 23, hat das gemacht - und 90 Bewerbungen an Einzelhotels und Hotelketten in den USA verschickt. Von fünf Arbeitgebern bekam sie Absagen, die anderen meldeten sich gar nicht.
Emily Kuepfer, 22, hatte es da einfacher. Für die Kanadierin ist Deutschland Ausland - und hier gibt es Traineeprogramme speziell für junge Leute ohne deutschen Pass. Die Idee dahinter: Die ausländischen Trainees arbeiten später für die deutschen Unternehmen in ihrer Heimat. Dann kennen sie beide Welten, das kommt auch den deutschen Firmen zugute.
Wie Anika Wolter doch noch eine Traineestelle in Kalifornien gefunden hat, warum sie dafür zahlen musste, und wie Emily Kuepfer sich unter 1164 Mitbewerbern durchsetzte, lesen Sie hier:
"Ich will nach Kalifornien" - eine Deutsche und ihr American Dream
Nach 90 Bewerbungen, fünf Absagen und 85 fehlenden Antworten stieß Anika Wolter im Internet auf HRC. Die holländische Agentur vermittelt gegen Bezahlung Traineestellen, auch nach Kalifornien. Nach eigenen Angaben hat sie in 16 Jahren über tausend Deutsche in 200 Hotels in den USA untergebracht und große Karrieren angeschoben.
135 Dollar kostet die Vermittlung pro Monat im Ausland, inklusive Krankenversicherung, hinzu kommen 1175 Dollar fürs Visum. "Wenn ich nicht vorher in einem Hotel in der Schweiz gearbeitet hätte, hätte ich mir das nicht leisten können", sagt Wolter.
Nach einem Telefon- und einem Webcam-Interview bekam sie die ersten Jobangebote, in Minneapolis, Atlanta und Los Angeles. Kalifornien war die erste Wahl, doch beim Urlaubsbesuch stellte sich das Hotel in Los Angeles als graue Herberge am Flughafen heraus. Wolter lehnte ab und bekam von HRC das nächste Angebot, eine Stelle in einem Sheraton-Hotel in San Diego. Und stellte sich gleich persönlich vor: "Dass ich gerade im Urlaub da war, war echt ein großer Vorteil."
Sechs Wochen nach dem Urlaub fing Anika Wolter dort an der Rezeption als Trainee an - ohne offiziell als Management-Trainee der Starwood-Kette, zu dem das Sheraton gehört, angenommen worden zu sein.
Trainee ist nicht gleich Trainee
Wie die Management-Trainees hatte Anika Wolter einen Einsatzplan. Sie durchlief mehrere Abteilungen, arbeitete an der Rezeption, bei der Gästebetreuung, in der Reservierungsabteilung. Der Unterschied: Auf den Stundenplänen der Starwood-Trainees stehen Fächer wie Finanzwesen, Marketing und Mitarbeiterführung. Wolter bekam keinen Unterricht - und ihr Stundenlohn lag bei zehn Dollar. "Die Überstunden wurden mit 200 Prozent bezahlt, das hat mich gerettet", sagt sie.
Hinter der Bezeichnung Trainee können sich schon in Deutschland unterschiedliche Stellen verbergen, vom Nachwuchsmanager bis zum unterbezahlten Dauerpraktikanten. Im Ausland wird es noch schwieriger. Im Englischen wird der Begriff häufig für einen Auszubildenden verwendet.
Anika Wolter ist mit ihrem 12-monatigen Traineeprogramm trotzdem zufrieden. Die letzten zwei Monate arbeitete sie als Schichtleiterin an der Rezeption: "Meine Chefin hätte mich gern übernommen, aber dazu braucht man eine Arbeitserlaubnis." Wolter hat sich jetzt bei der Green Card-Verlosung angemeldet. Wer gewinnt, darf in den USA arbeiten - ein Traineeprogramm bekommt man aber nicht vermittelt.
"Das hält nur durch, wer wirklich will" - wie deutsche Firmen im Ausland nach Trainees suchen
Emily Kuepfer würde ihr Gehalt gern wöchentlich bekommen. So wie ihre Freunde und Verwandten in Toronto. Doch die Lufthansa macht bei kanadischen Mitarbeitern keine Ausnahme, das Gehalt gibt es am Ende des Monats. Emily ist eine von 22 ausländischen Trainees, die gezielt angeheuert wurden, um nach Abschluss des zweijährigen Programms in ihrer Heimat für die Lufthansa zu arbeiten. "International Airline Professionals" heißen Emily und ihre Kollegen im Unternehmensjargon. Den deutschen Lufthansa-Trainees begegnen sie nur selten.
Maximal sechs Wochen am Stück verbringen die ausländischen Trainees im Lufthansa-Ausbildungszentrum Seeheim im Odenwald, danach fliegen sie wieder in ihre Heimat - in der Business Class.
"Welches kanadische Unternehmen würde mich fünfmal im Jahr nach Deutschland schicken?", freut sich Kuepfer. Die Kanadierin hat Deutsch im Nebenfach studiert, für ein deutsches Unternehmen zu arbeiten, hatte sie aber nicht geplant. Auf das Traineeprogramm der Lufthansa wurde sie durch eine Jobbörse im Internet aufmerksam. "In Kanada sind solche Programme eher ungewöhnlich", sagt sie. "In der Regel steigt man auf einer Einstiegsposition ein, Unterrichtseinheiten gibt es nicht."
Den Deutschkurs gibt's dazu
1165 junge Menschen aus 17 Ländern haben sich dieses Jahr für das internationale Traineeprogramm der Lufthansa beworben, die meisten aus den USA. Deutsch ist keine Voraussetzung für die Bewerbung. Wer angenommen wird, bekommt einen Deutschkurs spendiert, der Unterricht ist auf Englisch.
Das Auswahlverfahren ist fünfstufig: Online-Test, telefonisches Vorstellungsgespräch, Vorstellungsgespräch im Lufthansa-Büro in der Heimat, Assessment-Center in Frankfurt, noch mal Vorstellungsgespräch in der Heimat. Deutsche Trainees kommen schneller zu einem Vertrag.
"Das ganze Verfahren dauert so lange, das hält man nur durch, wenn man es auch wirklich will", sagt Emily. Von den vier Bewerbern, die mit ihr im Assessment-Center saßen, haben es drei geschafft: zwei Amerikanerinnen und ein Italiener.
Automobilzulieferer aus Paderborn sucht Chinesen
Nicht nur die Lufthansa bildet ausländische Nachwuchskräfte in Deutschland für den Einsatz in ihrer Heimat aus. Auch Unternehmen wie der Paderborner Automobilzulieferer Benteler setzen auf die Ortskenntnisse von Einheimischen. 40 Trainees aus neun Ländern haben in den letzten zehn Jahren das Benteler-Ausbildungsprogramm durchlaufen, aktuell werden chinesische Muttersprachler gesucht.
Benteler hat nicht nur Werke, sondern auch Entwicklungs- und Vertriebsbüros in 38 Ländern. Die Unternehmensgruppe will in Wachstumsmärkten wie China und Indien die Präsenz erhöhen und weitere, auch lokale Kunden gewinnen.
"Niemand kennt den lokalen Markt und die vorherrschende Kultur besser als ein Einheimischer", sagt Benteler-Sprecherin Gudrun Girnus. Die internationalen Trainees bekommen einen Sprachkurs spendiert - und einen Mentor zur Seite gestellt, der mit ihnen einen Qualifizierungsplan entwirft. Nach dem Abschluss des Programms sollen sie eine Karriere in ihren Heimatländern starten. "Mittelfristig besteht dann auch die Möglichkeit einer internationalen Karriere im Unternehmen", so Girnus.
source: spiegel