NEW YORK HOTELS
Von Rumba bis Rassenschranke
New York Hotels: Legende Waldorf-Astoria
Fotostrecke starten: Klicken Sie auf ein BildNacktbowling im Hotelflur
Zwischen den 1930er und 1950er Jahren war das Waldorf-Astoria ein fester Bestandteil des New Yorker Nachtlebens. Die Bigbands von Count Basie und Glen Miller gaben sich hier die Klinke in die Hand und mit der Radiosendung "Direct from the Starlight Roof of the Waldorf-Astoria" wurde ihr Sound in die Wohnzimmer Amerikas übertragen. Einer der verrücktesten Stars in den Veranstaltungssälen des Hotels war der Violinist Xavier Cugat. Der "Rumba-König" aus Spanien leitete das Stammorchester des Waldorf. Meist mit dem Taktstock in der einen und einem hübschen Mädchen in der anderen Hand, dazu ein Chihuahua-Hündchen in der Jacketttasche. Mit seinem Eskapaden brachte der Entertainer den damaligen Hotelmanager Lucius Boomer mehrfach an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Insbesondere als der Musiker eines Nachts beschloss, den Flur vor seinem Hotelzimmer zur Bowlingbahn umzufunktionieren. Wobei Cugat und seine beiden Mitspielerinnen selbstverständlich unbekleidet die Kugeln rollen ließen.
1936 gewann der US-Leichtathlet Jesse Owens bei den Olympischen Sommerspielen in Berlin vier Goldmedaillen. Er war der erste Sportler, dem dieses Kunststück gelang. Bei seiner Heimkehr wurde Owens in den Straßen Manhattans mit einer Konfettiparade gefeiert. In einer offenen Limousine kutschierte man den "schnellsten Mann der Welt" zu einem eigens für ihn ausgerichteten Empfang im Ballsaal des Waldorf-Astoria. Um dahin zu gelangen musste Owens allerdings den Lastenfahrstuhl nutzen. Grund: Schwarze wie Owens hatten zu dieser Zeit in dem Hotel allenfalls als Angestellte Zutritt.
Ungekrönter König der Gastronomie im Waldorf-Astoria war ab den 1940er Jahren Claudius Charles Philippe. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Oscar Tschirky (der seinerzeit den berühmten Waldorf-Salat erfand) galt der Franzose als arrogant, humorlos und wenig feinfühlig. Als etwa einer seiner Angestellten während der Arbeit einen Herzinfarkt erlitt und sich auf dem Boden vor Schmerzen krümmte, sorgte sich Philippe weniger um den Mann als um das Inventar. "Auf meinem neuen Teppich", schimpfte der Manager. Philippes Geschäftstüchtigkeit übertünchte die fehlende soziale Kompetenz. Angeblich sorgte er in den 28 Jahren seiner Tätigkeit als oberster Bankettmanager des Waldorf-Astoria für einen Umsatz von 150 Millionen Dollar. Dumm nur, dass auch er etwas von dem großen Kuchen abhaben wollte. 1958 wurde Philippe wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Man warf ihm vor, von den zahlreichen Lieferanten des Luxushotels Schmiergelder kassiert zu haben. Die Verurteilung wartete die geschäftsführung erst gar nicht mehr ab. Sie entband Philippe von seinem Posten.
Auch der 1964 verstorbene Cole Porter, Komponist von Welthits wie "Night And Day" und "I've Got You Under My Skin", gehörte zu ständigen Gästen in den Luxustürmen des Waldorf-Astoria. Seine private Suite im 33. Stock des Hotels ist legendär - allein schon wegen der Inneneinrichtung. Für den knapp 500 Quadratmeter großen Rückzugsort an der Park Avenue importierte der Musiker eigens antiken Parkettboden aus einem französischen Schloss, an den Wänden hingen sündhaft teure Orientteppiche und seine Bibliothek ließ Porter sich mit echtem Schildkrötenleder auskleiden. Natürlich durfte auch ein Klavier aus Mahagoni in der 10-Zimmer-Suite nicht fehlen. Das Apartment mit Blick auf den Central Park lässt sich auch heute noch mieten - vorausgesetzt es ist frei und man kann sich die 140.000 Dollar pro Monat leisten. Porters Steinway-Flügel ist günstiger zu haben. Zumindest zur Ansicht. Das Piano steht heute noch in der Lobby des Waldorf-Astoria.
Nicht die hübscheste, dafür aber eine der schillerndsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Waldorf-Astoria ist Elsa Maxwell. Die enge Freundin von Cole Porter veranstaltete in den Sälen des Hotels nicht nur jahrzehntelang die besten Partys der Stadt, sondern verdingte sich auch als Gesellschaftskolumnistin. Dafür erhielt die New Yorkerin im Waldorf freie Kost und Logis. Maxwell ging in 1930erJahren von ihrer Suite aus noch einer weiteren Nebenbeschäftigung nach. Dem Personal war die resolute Frau auch als "Madame of the Waldorf" bekannt. Die Partyqueen betrieb eines der exklusivsten Bordelle der Stadt. Jeden Sonntag trafen sich die Zuhälter in Maxwells Hotelzimmer zum Brunch, um die wöchentlichen Provisionen für Madame in eine Bowleschale zu werfen. Servicekräfte, die bei dem Brunch gelegentlich aushalfen, konnten ebenfalls vom sonntäglichen Zahltag profitieren. Nach getaner Arbeit durften sie sich einen der Blanko-Umschläge mit dem Puff-Geld aus der gläsernen Schüssel fischen. Als Trinkgeld.
Nicht nur bei ihren Verwandten in Großbritannien waren der Herzog und die Herzogin von Windsor reichlich unbeliebt. Auch im Waldorf-Astoria waren der verstoßene Prinz Edward und seine amerikanische Frau Wallis Simpson Ende der 1930er Jahre nicht sonderlich willkommen. Beim Personal des Hotels geriet das Gästepaar schnell wegen miserablen Trinkgelds und ständiger Nörgeleien am Service in Verruf. Dabei war ihre "Royal Suite" im Waldorf-Astoria ein echtes Schnäppchen. Die königlichen Herrschaften hatten sich zu einem Zeitpunkt einquartiert, als die Wirtschaftskrise die New Yorker Hotels zwang, einen erbitterten Preiskampf auszufechten. Eigentlich wollten die Windsors damals ins Savoy-Plaza einziehen, das Waldorf-Astoria aber hatte in letzter Minute ein günstigeres Angebot abgegeben, was die Hotelleitung später bereute. Denn in den 1950er Jahren residierten der Herzog und die Herzogin immer noch in dem Luxushotel an der Park Avenue - und noch immer zu einem unverschämt niedrigen Preis.
An ein Museum erinnerte Ende der 1970er Jahre die Suite des amerikanischen Großindustriellen Nathan Cummings im Waldorf-Astoria. An den Wänden hingen Werke von Chagall, Matisse, Degas, Monet, Renoir und Picasso. Im Zimmer verteilt fanden sich moderne Skulpturen und peruanische Keramik. Der Wert der Cummings-Sammlung im Waldorf-Astoria (die - selbstredend - nur ein Teil seines Kunstbesitzes war) wurde damals bereits auf 100 Millionen Dollar geschätzt. Cummings war auch für seine Großzügigkeit Freunden gegenüber bekannt. Seine Nachbarin, die Herzogin von Windsor, machte sich das zu nutzen und lieh sich bei dem Philanthropen immer mal wieder gerne kostbare Bilder zur Wanddekoration ihrer Suite aus.
1959 lagen die Nerven im Waldorf-Astoria blank. Der Ministerpräsident der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, war zu Gast an der Park Avenue. Ein Jahr vor seinem legendären Wutanfall mit Schuh während der UNO-Vollversammlung bereiste der Vollblut-Kommunist auf Einladung von Präsident Eisenhower die USA - Chruschtschow war die größte Sensation seit King Kong. So drängelten sich im Ballsaal des Waldorf-Astoria mehr als 2000 Geschäftsleute, um einem Auftritt des obersten Sowjets beizuwohnen. Auf dem Weg zur Veranstaltung ereilte den Star der Veranstaltung dann jedoch ein Missgeschick, das fast zur Katastrophe geworden wäre: Zwischen dem 23. und 24. Stock blieb Chruschtschow im Fahrstuhl stecken. Die Agenten des KGB und des Secret Service, die auf den Regierungschef samt Entourage warteten, wurden nervös und zogen ihre Revolver. Als der Fahrstuhl dann doch noch sein Ziel erreichte und die Türen sich öffneten, wäre es fast zur Schießerei gekommen. Chruschtschow und seine Begleiter hatten einen Anschlag vermutet. Schuld an der Panne war allerdings kein Auftragsmörder, sondern nur ein technischer Defekt. Nach unzähligen Entschuldigungen des Hotelmanagement ging man dann sichtlich erleichtert und entspannt zur Tagesordnung über.
Die Präsidenten-Suite im Waldorf-Astoria ist eine der wenigen ihrer Art, die diesen Namen auch verdient. Seit Herbert Hoover verbrachten die Präsidenten der USA ihre Aufenthalte in New York meist in dem Luxushotel an der Park Avenue, was insbesondere Sicherheitsgründe hat. Denn das Waldorf-Astoria verfügt seit jeher über einen unterirdischen Zugang. Präsident Franklin D. Roosevelt und General Douglas MacArthur nutzten zur heimlichen Anreise sogar einen hoteleigenen Bahnsteig, auf den man direkt von der acht Häuserbocks entfernten Grand Central Station gelangen konnte. Inzwischen ist es unter den Präsidenten Brauch, nach ihrem Besuch im Waldorf-Astoria etwas zum Inventar der Suite beizusteuern. Kennedy überließ dem Hotel einen Schaukelstuhl, Ronald Reagan spendete einen goldenen Spiegel und Jimmy Carter sein Schreibset. Auch Barack Obama weilte jüngst im Waldorf-Astoria und musste - wie alle anderen Gäste der Präsidenten Suite auch - 7000 Dollar die Nacht bezahlen. Ob Obama das Inventar der Suite bereits um einen persönlichen Gegenstand bereichert hat, ist nicht bekannt.
source: merian
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