Obamas Rede an die Nation: Jobs, Jobs, Jobs
Kurswechsel gegen den Imageverlust: Barack Obama setzt 2010 voll auf Jobs. Bei seinem ersten Bericht zur Lage der Nation räumte der US-Präsident Fehler ein und gab sich zugleich kämpferisch.
Daumen hoch: Barack Obama lässt sich nach seiner Rede an die Nation im Kongress feiern, Finanzminister Tim Geithner (r.) ist auch zufrieden© Tim Sloan/AP
In seiner mit Spannung erwarteten ersten Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Barack Obama die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als wichtigste Aufgabe dieses Jahres bezeichnet. Am Mittwochabend (Ortszeit) rief er den Kongress auf, gemeinsam ein neues Konjunkturprogramm auszuarbeiten. "Ich gebe nicht auf", sagte Obama, der sich angesichts abstürzender Umfragewerte um eine Verbesserung seines Images bemüht. Er räumte ein, dass der von ihm versprochene Wandel für viele Amerikaner "nicht schnell genug" gekommen sei.
Der Präsident widmete etwa zwei Drittel seiner mehr als einstündigen Ansprache der Wirtschaft. Er schlug ein Programm im Umfang von 30 Milliarden Dollar vor, mit dem kleineren Banken zu niedrigen Zinsen Geld zur Verfügung gestellt werden könnte. Die Mittel könnten aus Restbeständen des 700 Milliarden schweren Rettungsfonds für die Wall Street kommen, sagte Obama. Er habe dieses Programm "gehasst": "Es war etwa so populär wie eine Wurzelbehandlung."
In der kämpferischen Rede vor beiden Kammern des Kongresses bekräftigte Obama seine Pläne für eine strengere Regulierung der Finanzmärkte. Zugleich kündigte er an, auch an seinen langfristigen Zielen vor allem in den Bereichen Gesundheit, Energie und Bildung festhalten zu wollen.
"Wenden Sie sich nicht von der Reform ab"
Mit Blick auf seine umstrittene Gesundheitsreform erklärte der Präsident, er werde sich weiter dafür einsetzen, die Versorgung für alle Amerikaner zu verbessern. Den Kongress rief er auf, an den Reformbemühungen festzuhalten. "Wenden Sie sich nicht von der Reform ab", forderte Obama. "Nicht jetzt. Nicht, wenn wir so kurz vor dem Ziel sind." Viele Menschen verlören ihre Gesundheitsversicherung, und Patienten werde dringend benötigte ärztliche Versorgung verweigert. "Ich werde diese Amerikaner nicht im Stich lassen", sagte Obama.
Demokraten und Republikaner müssten ihre Differenzen beilegen. Die Gesundheitsreform liegt vorerst auf Eis, weil die Demokraten kürzlich ihren Senatssitz in Massachusetts verloren haben - und damit die kritische Mehrheit von 60 Stimmen in der zweiten Kongresskammer.
Verständnis für Enttäuschung
Obama räumte auch Fehler in seiner Amtsführung ein. Seine Regierung habe in ihrem ersten Jahr politische Niederlagen erlitten, von denen viele verdient gewesen seien, sagte er. So habe er den Amerikanern seine Pläne für eine Gesundheitsreform nicht klar genug erklärt. Viele Menschen hätten deswegen nicht verstanden, welche Vorteile die Reform für sie hätte. Er habe Verständnis dafür, dass viele Amerikaner enttäuscht und zynisch seien, erklärte der Präsident. Angesichts der hohen Verschuldung der USA sprach sich Obama für eine dreijährige weitgehende Haushaltssperre aus und kündigte an, gegen anderslautende Gesetzesvorlagen sein Veto einzulegen. Seine Regierung habe bereits Möglichkeiten für Einsparungen in Höhe von 20 Milliarden Dollar identifiziert. Dies sei aber noch nicht genug, sagte der Präsident.
Nur wenig Raum für Außenpolitik
Der Außenpolitik gab Obama relativ wenig Raum. Mit Blick auf den Irak bekräftigte er sein Vorhaben, bis Ende August alle amerikanischen Kampfeinheiten von dort abzuziehen. "Dieser Krieg geht zu Ende, und unsere Soldaten kommen alle nach Hause", sagte der Präsident. Er äußerte sich zugleich zuversichtlich über einen Erfolg in Afghanistan. Im vergangenen Jahr seien wesentlich mehr Al-Kaida-Terroristen getötet worden als 2008.
Obama stand bei seiner Rede unter großem Druck. Seine Demokraten haben seit November drei wichtige staatliche Wahlen verloren. Die Niederlagen spiegelten eine verbreitete Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die nur langsame Wirtschaftserholung, hohe Arbeitslosigkeit und die Rekordverschuldung von 1,4 Billionen Dollar im vergangenen Jahr wider. So wurde Obama angelastet, sich zu sehr auf die Gesundheitsreform konzentriert und sich zu wenig um die wirtschaftlichen Nöte der Menschen gekümmert zu haben. Im kommenden November stehen bereits die nächsten Kongresswahlen an - die Demokraten fürchten herbe Verluste fürchten.
Republikaner wie versteinert
Die Demokraten im Kongress reagierten mit Beifall und Jubel auf Obamas Rede. Viele Republikaner hingegen verfolgten die Ansprache mit versteinerten Gesichtern. Der republikanische Gouverneur von Virginia, Bob McDonnell, erklärte, die demokratische Politik führe zu einer immer höheren Verschuldung. Die Amerikaner wünschten sich zwar eine bezahlbare Krankenversicherung, wollten jedoch nicht, dass diese vom Staat angeboten werde.
source stern
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