Wenn die Bürger der USA heute einen neuen Präsidenten wählen, steht ein Gewinner bereits fest: Peter Schrittenlocher aus Niederbayern. Für ihn ist die Wahl nicht nur ein gutes Geschäft, sie ist vielleicht sogar der internationale Durchbruch.
Schrittenlocher (63) ist Ingenieur und Chef der kleinen Firma Datawin aus der niederbayerischen Gemeinde Ergolding. Datawin fertigt Hochleistungs-Scanner. Damit können Hochschulen Prüfungsklausuren auswerten, Fabriken die Qualität ihrer Produkte kontrollieren – oder Behörden bei Wahlen in Windeseile die Stimmzettel auszählen. So wie es jetzt in den Vereinigten Staaten nötig ist.
Stimmzählung wie am Fließband
Rund 130 Millionen per Hand ausgefüllte Wahlscheine fallen bei der US-Wahl an. Ausgezählt werden sie mit dem Datawin-Scanner „DS 850". Das Gerät kann pro Minute 300 Stimmzettel auswerten. Dabei muss die Wahlentscheidung erkannt werden – und ob eine Stimme eventuell ungültig ist. Die Informationen werden in digitale Zahlenkolonnen umgewandelt. Die Zettel selbst sortiert die Maschine danach in drei Fächer: Eines mit den gültigen Stimmen für Mitt Romney und Barack Obama, eines für ungültige Stimmen und eines für so genannte „Write-in"-Stimmen. Dabei können US-Wähler ihren persönlichen Lieblingskandidaten selbst auf die Zettel schreiben. Durch die Vorsortierung wird eine mögliche Nachzählung per Hand erleichtert.
Auf Nummer sicher
Geistiger Vater des Geräts ist Paul Bauer, ein längst pensionierter Ingenieur. Er kann jedoch nicht von seiner Berufung lassen und arbeitet nach wie vor mit Datawin zusammen. Der DS 850 wurde extra für die US-Wahl entwickelt – 18 Monate lang. Danach dauerte es noch zwei Jahre bis der US-Wahldienstleister ES&S die Geräte zertifiziert und damit offiziell für die Wahl zugelassen hatte. Nun kann Datawin mit Fug und Recht verkünden: „Die 57. Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika findet unter niederbayerischer Beteiligung statt."
Zuverlässigkeit ist bei den Geräten entscheidend. Eine Pannenwahl wie im Jahr 2000 wollen sich die USA nicht noch einmal erlauben. Damals häuften sich in Florida die Fehler bei der Stimmenauszählung.
Schrittenlocher hält so etwas bei seinen Maschinen für ausgeschlossen. Die Scanner hätten eine Fehlerquote von lediglich 0,02 Prozent. Wobei der Ingenieur eigentlich nicht von „Fehlern" sprechen will. Bei den 0,02 Prozent handle es sich um „Störungen", zum Beispiel wenn zwei Stimmzettel gleichzeitig eingezogen würden. „Die Maschine zeigt solche Störungen sofort an", sagt Schrittenlocher. Dass eine Stimme für den falschen Kandidaten gezählt würde, sei „praktisch unmöglich".
Effekte der Globalisierung
Bleibt die Frage: Wie kommen die Amis auf einen Mittelständler aus Niederbayern? „Na ja, in Nebraska sieht es doch fast so aus wie bei uns", scherzt Schrittenlocher. Aber im Ernst: Bei den Scannern handle es sich um ein hochspezialisiertes Produkt, der Markt sei entsprechend überschaubar. Und Datawin ist in Branche eine Hausnummer. „Wir bewegen uns seit fast dreißig Jahren in der Nische Papier-Handling", sagt Schrittenlocher.
Die Konkurrenz habe man vor allem deshalb ausgestochen, weil die Datawin-Geräte bei der Ablage der Stimmzettel besser abschnitten. „Das geht so schnell, die Zettel fliegen wie Papierflieger."
Dem Ingenieur ist nichts zu schwör
Die Niederbayern haben diese Tücken technisch gemeistert. Trotzdem herrscht bei der kleinen Firma Anspannung. Bislang wurden ihre Geräte nur bei Kommunalwahlen eingesetzt, nun geht es um die Wahl des mächtigsten Mannes der Welt. „Ich bin gespannt, ob alles gutgeht", sagt Schrittenlocher.
Wenn ja, dann wird die Wahl für Datawin zur kostenlosen Werbekampagne. Derzeit sind rund 75 Geräte in die USA ausgeliefert. In den nächsten Jahren sollen weitere 500 bis 700 dazukommen.
Ausgerechnet im Heimatmarkt in Deutschland bekommt die Firma derzeit noch kein Bein auf den Boden. Hier gebe es bei Wahlen „eine Skepsis gegen jede Art der Elektronik", klagt der Schrittenlocher. Dabei ist er sich sicher: „Die Maschine ist exakter als jede Auszählung per Hand."
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Bayerische Firma soll US-Wahldesaster verhindern - source Focus
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