Football-Show Super Bowl: Amerikas Milliarden-Dollar-Maschine
Stumme Zustimmung von mürrischen Mienen ringsum - bis auf eine: "Keine Sorge, Mann", grinst ein betont aufgekratzter Mann. "Alles wird gut!" Und dann, wie aus dem Nichts, ertönt Reggae. So plump beginnt er, der TV-Spot, von dem hier gerade alle reden: Ein Großraumbüro voller sauertöpfischer Mitarbeiter, von denen nur ein einziger ("Dave") beharrlich gute Laune versprüht. Erst ganz zum Schluss offenbart sich der Grund: sein roter VW Käfer. "Get in", lockt der Werbespruch. "Get happy."
Es ist der jüngste Beitrag des Autobauers VW zur alljährlichen Weltmeisterschaft der US-Werbebranche - dem Super Bowl, Endspiel der hiesigen Football-Liga NFL. Denn die Spots während des Spiels sorgen längst für mehr Aufruhr als das Spiel selbst: Amerikas größtes Sport-Event ist Amerikas größtes PR-Event.
Und wie jedes Jahr geht das nicht ohne clever geschürte Kontroversen ab. Diesmal hat VW eine vor allem profitable Debatte losgetreten. Denn "Dave" - ein Weißer "aus Minnesota" - redet mit schwerem jamaikanisch-schwarzen Akzent, nachträglich synchronisiert. "You know what dis room needs? A smile", kalauert er grinsend.
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Der Grat zwischen Witz und Beleidigung ist schmal in den USA, wo "political correctness" herrscht und Rassismus ein ewiges Reizthema bleibt. Prompt gab es auch hier Proteste: Der Spot schüre Stereotypen vom dauerfröhlichen, Reggae-spielenden Afrokariben. "Das ist so rassistisch!", empörte sich die Medienkritikerin Barbara Lippert im TV-Network NBC. VW dagegen verteidigt seine gute Absicht. "Wir wollen die Leute doch nur zum Lächeln bringen", sagt US-Sprecher Scott Vazin. "Bis heute haben wir keine Verbraucherbeschwerden bekommen." Was VW bekommt, ist kostenlose Werbung durch die Medienberichte: Auf YouTube bekam der TV-Spot schon mehr als vier Millionen Klicks.
Wieder mal zeigt sich da: Der Super Bowl ist vor allem eine gigantische Milliarden-Dollar-Maschine. Wenn am Sonntag in New Orleans die San Francisco 49ers auf die Baltimore Ravens treffen, dann tobt die wahre Schlacht längst jenseits des Stadions, des berühmt-berüchtigten Superdomes.
Werben für 133.333 Dollar - pro Sekunde
Ob Klicks oder Tweets, Werbung oder Quoten, TV-Übertragungsrechte, Lizenzen, Eintrittspreise, Gastronomie, Hotels, Entertainment oder sogar Sextourismus - bis hin zum prognostizierten Rekordverzehr von Chicken Wings vor der Mattscheibe (1,25 Milliarden): Dies ist Amerikas größte Show. Allein die Werbung kostet so viel wie noch nie: rund 3,8 Millionen Dollar für eine halbe Minute. Die teuersten Spots kommen sogar auf vier Millionen Dollar - 133.333 Dollar pro Sekunde.
Mehr als 179 Millionen TV-Zuschauer dürften nach Angaben des Marketingverbands RAMA dieses Jahr dabei sein, fast acht Millionen mehr als in 2012. Jeder werde dabei im Schnitt 69 Dollar ausgeben - für Pizza, Chips, Getränke (allein rund 50 Millionen Kisten Bier), T-Shirts, neue HD-Fernseher, neue TV-Möbel, Party-Dekorationen. Dem Handel dürfte das Game fast 12,3 Milliarden Dollar einbringen.
Die Stars, die zur Halftime-Show und vorher auftreten, profitieren ebenfalls - in diesem Jahr Beyoncé und Alicia Keys. Sie spielen zwar kostenlos, doch eine bessere Werbung gibt es kaum. Voriges Jahr sahen 114 Millionen Fans Madonnas Auftritt, das waren dreimal so viele wie bei der Amtseinführung von Präsident Barack Obama. Die Showeinlage generierte 10.245 Tweets pro Sekunde - auch das ein Weltrekord.
Auch die amerikanische Football-Liga macht Milliardengeschäfte
Freuen darf sich auch New Orleans. Siebeneinhalb Jahre nach dem Hurrikan "Katrina" hofft die Stadt am Mississippi-Delta auf eine Image-Politur und hat dazu 1,3 Milliarden Dollar in neue Infrastruktur investiert. Alle 37.000 Hotelzimmer sind ausgebucht - und das zehn Tage vor dem Touristenmagnet Mardi Gras.
Die Profitwelle wird selbst bis nach Las Vegas schwappen, 2800 Kilometer von New Orleans entfernt. Dort erwarten die Buchmacher Super-Bowl-Wetten in zweistelliger Millionenhöhe. Der Wettrekord lag 2006 bei 94,5 Millionen Dollar. Dazu kommen die Milliardengeschäfte der amerikanischen Football-Liga. "Die NFL", schreibt der Sportkolumnist Dave Mitchell, "ist die größte Geldmaschine in unserem Land." Allein die Übertragungsrechte, die sie mit den TV-Networks NBC, Fox, CBS, ESPN und DirecTV abgeschlossen hat, spülen pro Jahr rund sechs Milliarden Dollar in ihre Kassen.
Die NFL teilt das plus die Einnahmen aus Tickets, Lizenzen und Sponsorengeldern mit den Teams. Die machen aber auch selbständig Kasse: Die legendären Dallas Cowboys sind - obwohl sie zuletzt 1995 im Super Bowl standen - mit 2,1 Milliarden Dollar nach Manchester United die wertvollste Mannschaft der Welt. Gefolgt von den New England Patriots (1,64 Milliarden Dollar), den Washington Redskins (1,6 Milliarden Dollar) und den New York Giants (1,47 Milliarden Dollar).
Das Spiel wird zur Nebensache
Doch für Konzerne wie VW ist das Spiel nebensächlich. "Das große Game ist eine unvergleichliche kreative Gelegenheit, die Marke Volkswagen zu repräsentieren", sagt Tim Mahoney, Marketingchef von VW America. Auch vor zwei Jahren machte VW schon vorab Furore, mit seinem "Darth Vader"-Spot. Der wurde sofort zum Klassiker und hat seither mehr als 56 Millionen YouTube-Klicks erzielt.
Diesmal wählte VW einen etwas anderen Ansatz. Doch der Wirbel um den jamaikanisch plappernden Minnesotaner entpuppte sich als Sturm im Wasserglas. In Blitzumfragen finden die meisten den Spot harmlos - stereotyp, platt, aber nicht beleidigend. Selbst Jamaikas Tourismusminister Wykeham McNeill zuckte mit den Schultern: "Wir sehen es als ein Kompliment", sagte er "USA Today".
Das Ziel ist erreicht: größte Aufmerksamkeit. Darauf hoffen auch Dutzende andere, die ihre Super-Bowl-Spots schon diese Woche unters Volk brachten. Insgesamt haben mehr als 30 Werbekunden TV-Minuten während des Spiels gekauft, von Anheuser-Busch über Coca-Cola und Pepsi bis zu Mercedes-Benz, das seinen neuen CLA vom leicht beschürzten Supermodel Kate Upton waschen lässt - in Zeitlupe. Bisherige YouTube-Klickzahl: 5,8 Millionen.
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