Startschuss für Karneval in Rio
In Rio de Janeiro regiert wieder König Karneval:
Der Bürgermeister der brasilianischen Millionenmetropole, Eduardo Paes, überreichte am Freitag König Momo, dem Sinnbild des Karnevals von Rio, symbolisch den Schlüssel der Stadt.
„König Momo, das ist Ihr erstes Amtsjahr, Sie übernehmen die Stadt zu einem besonderen Zeitpunkt. Ich hoffe, Sie können mit den Problemen mit dem Autoverkehr im Zentrum gut umgehen”, sagte der Bürgermeister unter Anspielung auf Rios zahlreiche Baustellen im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft.
RING FREI FÜR DIE NARREN Rio tanzt im Samba-Karneval
Samba, Sonne, Karneval: In der Stadt am Zuckerhut herrscht Ausnahmezustand. In Scharen strömen die Narren zu den „Blocos“, der brasilianischen Samba-Variante der Stadtviertelzüge. Nicht Schal, Mütze und Handschuhe sind in Rios heißem Sommer angesagt, sondern Badehose, Bikini und Sonnencreme. „Só Alegria“ (Nur Freude) heißt der Schlachtruf des Narren-Volkes, das von „König Momo“, dem Karnevals-Regenten, durch die tollen Tage geführt wird. Mit nackten, bemalten Oberkörpern feiern diese Frauen bei der Straßenparade auf der Banda da Rua do Mercado in Rio de Janeiro.
Sie sitzen vor ihren Häusern aus Wellblech und Palmwedeln. Kinder spielen im Müll. Es existieren weder befestigte Straßen noch ein Abwassersystem. Tausend Favelas gibt es allein in Rio de Janeiro. Bis zum Start der Fußballweltmeisterschaft im Sommer investiert die Stadt viel Geld, um die Armenviertel zu „verschönern“. Befriedungspolizisten sollen sie sicherer machen, die Infrastruktur soll verbessert werden.
Szenenwechsel. Federn, Pailletten, schwitzende Körper. Acht passend zum Motto gestaltete Paradewagen legen die 800 Meter im Sambódromo in 80 Minuten zurück. Die Unidos da Tijuca gehört zu den zwölf besten Sambaschulen, die während des Karnevals in der Special Group gegeneinander antreten und um ihr Prestige kämpfen. Am heutigen Freitag beginnt die spektakulärste Karnevalssause der Welt. Bis zum 5. März feiert ganz Rio – und die Welt feiert mit. In diesem Jahr soll die Millionen-Marke an Gästen geknackt werden.
Der Auftritt in der Parade kostete die Sambaschule im vergangenen Jahr mehr als dreieinhalb Millionen Euro. Doch die Protagonisten bleiben die gleichen: die Mehrzahl, der Mitglieder in den Sambaschulen, stammt aus den Favelas. Wie passt das zusammen?
In den Anfängen des Karnevals war es üblich, dass sich die Reichen als Bürgerliche und die Armen als Prinzen und Prinzessinnen verkleideten. Die sozialen Rollen wurden getauscht. Auch heute noch ist der Karneval für die Favela-Bewohner die Zeit, in der sie ihr schwieriges Leben vergessen und feiern als gäbe es kein Morgen.
Deutlich werden die monetären Dimensionen der Sambaparade beim Blick auf die Anzahl der Mitwirkenden. Zwischen drei- und fünftausend Tänzer sowie dreihundert Trommler pro Sambagruppe defilieren jedes Jahr an 80.000 Zuschauern vorbei.
Millionen Zuschauer sehen die Parade im Fernsehen. Vor dem großen Tag werkeln zweihundert Arbeiter monatelang an den Paradewagen. Choreografen inszenieren die Tanzshow und Komponisten schreiben Sambalieder. Hunderte Frauen nähen die aufwändigen Kostüme. Allein das Material kostet Unsummen. Dazu kommt noch der Lohn für die professionellen Tänzer, Choreografen, Kostümdesigner und Komponisten.
Pyrotechnik und Illuminationen sind in den letzten Jahren als Spezialeffekte dazugekommen.
In der Samba City sind die Hallen untergebracht, in denen die Mottowagen immer weiter in den Nachthimmel wachsen. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte und Eintrittskarten reichen den Sambaschulen schon lange nicht mehr.
In der Samba City sind die Hallen untergebracht, in denen die Mottowagen immer weiter in den Nachthimmel wachsen. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte und Eintrittskarten reichen den Sambaschulen schon lange nicht mehr.
Trotz Zuschüssen von der Stadtverwaltung können sie nicht mehr auf Sponsorengelder verzichten. Vorher, so wird vermutet, finanzierten vor allem Verbrecherbanden, die ihr Geld mit dem Wettspiel jogo do bicho machen, die Schulen. Sponsoren statt Gangster. Auf den ersten Blick ein guter Tausch.
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