In Manhattan entsteht das höchste Luxus-Wohnhaus der Welt: 432 Park Avenue. Hier haben Oligarchen und Mogule ihren Dritt- oder Viertwohnsitz. Selten war die Kluft zwischen Reich und Arm so schamlos offensichtlich.
NYC Immobilien : Höchster Luxus-Wolkenkratzer der Welt - in Manhattan 432 Park Avenue |
"Ist das nicht atemberaubend?", murmelt Jill Crenner. Ihre Finger liebkosen die kühle Frühstückstheke einer Küche aus Marmor, Stahl und Edelholz. Doch die Theke ist der eigentliche Star: Sie erstreckt sich über die ganze Fensterfront, die eine Panorama-Ansicht von Manhattan, Brooklyn, Queens und New Jersey gewährt, über den Hudson, den East River bis hinaus zum Atlantik - ein Blick wie aus dem Flugzeug.
"Stellen Sie sich vor, Sie sitzen jeden Morgen hier", sagt Crenner. "Die Welt gehört Ihnen."
Die Aussicht ist in der Tat atemberaubend, doch - noch - simuliert: Es handelt sich um ein riesiges Dia, drei mal drei Meter, in einem Showroom an der Fifth Avenue. Hier lässt sich das künftige Innenleben eines Luxus-Wolkenkratzers vorfühlen, dessen Rohbau durchs echte Fenster zu sehen ist - ein schwindelerregend schmaler Turm aus Beton, Glas und Attitüde.
432 Park Avenue, eine Adresse als Programm: Hier steht, noch unbewohnt, das höchste, teuerste und luxuriöseste Wohnhaus der Welt - ein atemberaubend-groteskes Luftschloss für Millionäre und Milliardäre.
"Ein Traum", schwärmt PR-Frau Crenner, die hilft, den vielfachen Superlativ zu vermarkten.
Seit 2012 wächst es empor, das 1,3 Milliarden Dollar teure Lebenswerk des exzentrischen Immobilienunternehmers Harry Macklowe, 77 - seine "Mona Lisa", wie er beim Richtfest im Oktober prahlte. Seither überragt das Dach von 432 Park Avenue das Dach des Empire State Buildings (um 45 Meter) und sogar das des neuen World Trade Centers (um neun Meter). 426 Meter Protz und Prunk - der höchste Stalagmit der Skyline.
So ändern sich die Zeiten. Einst standen New Yorks Wahrzeichen für die Träume des kleinen Mannes. Heute sind sie Mausoleen des Reichtums, abgekapselt und isoliert weit über den gesichtslosen Massen der Straßen.
Auf dem überdrehten Wohnungsmarkt Manhattan ist 432 Park das bisher schamloseste Monument eines neuen Gilded Age, ein Fanal dafür, wie tief die Kluft zwischen Haben und Nichthaben mittlerweile ist. In den USA nämlich so tief wie seit drei Jahrzehnten nicht. "Das Haus, das die Ungleichheit erbaute", schämt sich selbst das Millionärsblatt "Forbes".
Viertwohnsitz für Jetsetter
Erdacht von einem New Yorker Immobilienhai, entworfen von einem südamerikanischen Stararchitekten, finanziert von US-israelischen Investoren: 432 Park ist Produkt und zugleich Symbol einer globalen Elite, die Residenzen sammelt wie Kunst. Dies sind nicht die ein Prozent - dies sind die 0,1 Prozent: Oligarchen, Mogule, die letzten Aristokraten.
Fast jeder zweite, soviel verrät Crenners Marketing-Kollege Richard Wallgren, komme aus dem Ausland: "Kanada, Brasilien, Venezuela, China, Singapur, Türkei, Libanon, Griechenland, Saudi-Arabien, Russland."
Dabei steht 432 Park längst nicht mehr allein. Überall in Midtown wachsen neue "Supertowers" empor, die ihre langen Schatten bis in den Central Park werfen. Zweit-, Dritt-, Viertwohnsitze der Jetsetter: Mehr als 50 Prozent werden, wie die "New York Times" ermittelte, "mindestens zehn Monate im Jahr" leerstehen. Geisterhäuser als Steuerspartrick.
New Yorks neue Türme auf einem Blick
Nur 104 Wohneinheiten finden sich auf den 96 Etagen von 432 Park, nur zwölf sind noch zu haben, von der Dreizimmerwohnung 40C (17 Millionen Dollar) bis zum Penthouse PH94 (82,5 Millionen Dollar). Das oberste Stockwerk ging bereits 2013 an einen Unbekannten - für 95 Millionen Dollar. Wobei dessen exklusive Vorzüge eigentlich verschwendet sind, etwa die High-Tech-Küche (deutsche Wertarbeit), die Crenner präsentiert: "Unsere Käufer kochen nicht selbst", weiß sie. "Sie lassen kochen."
Neben den Wohnungen, die in der Simulation in all ihrer eisigen Eleganz vorempfunden sind, gibt es einen Pool, ein Privatkino, ein Spa, ein Sportstudio und einen Open-Air-Ballsaal samt Cocktail-Lounge. "Harrys Idee", sagt Crenner, und meint damit Harry Macklowe.
Seit 50 Jahren jongliert der Selfmade-Milliardär mit Grundstücken und Hochbauten. Ein paarmal ging er fast pleite, zuletzt in der Kreditkrise. Damals konnte er seine Gläubiger nicht mehr bezahlen und musste unter anderem sein Kronjuwel abstoßen, das GM Building an der Fifth Avenue mit dem berühmten Glaskubus des Apple Store davor. Auch der war seine Idee.
2009 kam ihm die Investmentfirma CIM zu Hilfe. Deren Hintermänner: Richard Ressler, ein Wall-Street-Banker, sowie Shaul Kuba und Avi Shemesh, zwei Ex-Elitesoldaten aus Israel. Sie retteten auch Macklowes jüngstes Vorhaben auf dem Gelände des historischen Drake Hotels. Diesen Sommer sind die Apartments des 432 Park schlüsselfertig.
Eine stilistisch etwas andere Spielart dieses "Immobilien-Pornos", wie man in New York sagt, findet sich wenige Kilometer südlich von 432 Park, in Lower Manhattan: Dort wandelt die Baufirma Alchemy Properties die obersten 30 Etagen des historischen Woolworth Buildings in Luxuswohnungen um.
Von 1913 bis 1930 der höchste Wolkenkratzer der Welt, wird der neugotische Bau, der ironischerweise mal die Zentrale des gleichnamigen Billigkaufhauskonzerns war, ab nächstem Jahr von 34 exklusiven Apartments gekrönt sein. Das Penthouse (Preis: 110 Millionen Dollar) umfasst die gesamte Spitze - samt sieben Meter hohen Decken und einem Observatorium zum Sternengucken. "Das Dach der Welt", so formuliert es Alchemy-Chef Ken Horn bei einem exklusiven Rundgang.
Von Midtown zum Financial District: Unaufhaltsam mutiert Manhattan zum Spielplatz der Reichen, während die Mittelklasse in die Außenbezirke vertrieben wird. Die Manager von 432 Park kümmert das wenig, das ist auch nicht ihr Job. "Der Markt ist nun mal da", begründet Wallgren die Jagd nach immer größerem Luxus. "Wir befriedigen nur einen Bedarf."
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