Boeing 747-8 .
Luftfahrtlegende „Jumbo-Jet“ überarbeitet
Der US-Flugzeugbauer Boeing hat die neue Generation seines legendären Jumbo-Jets 747 vorgestellt. Ab Herbst 2011 soll der Flieger ausgeliefert werden. 33 Maschinen wurden bereits vorbestellt.
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Es ist ein letztes Aufbäumen des ewigen Ladenhüters. Boeings Jumbo bläst noch einmal zum Angriff: Wie der Flugzeugbauer mit seiner neuen 747 dem Airbus A380 Paroli bieten will.
Drei Kesselpauken donnern, zwei Teufelsgeiger fideln sich zu dröhnenden Bässen in den Wahnsinn, dann fällt der mehr als 100 Meter lange blaue Vorhang im Hangar des Flugzeugbauers Boeing in Seattle und gibt den Blick frei auf – einen alten Bekannten, den Jumbo. Zehntausend Menschen im Publikum, darunter viele Boeing-Werker mit ihren Familien, brechen bei dieser opernhaften Inszenierung am Sonntagabend in Jubelschreie aus, applaudieren und feiern das neue, altbekannte Luftgefährt mit standing ovations.
Es ist eben Amerika hier, die schöne Nordwestküste, und es geht nicht ohne Übertreibung. Der Präsident von Boeing Commercial Airplanes, Jim Albaugh, wählt in seiner Ansprache gleich schon die erste Mondlandung als historischen Vergleich und greift noch tiefer in die Kiste der Superlative: „Dieses Flugzeug wird die Welt verändern“, verspricht er. Dann flattern auf Videowänden, die irgendwie auf den Jumbo einstimmen sollen, Vögel und Blüten durch die Halle, dazu Ballett-Tänzer, Frauen auf Luxus-Yachten, Autos, Delphine und Meereswellen. Der genaue Bezug dieser Motive zu der Enthüllungsveranstaltung rund um ein Flugzeug („Roll out“) bleibt indes unklar, aber
Es ist eben Amerika hier, die schöne Nordwestküste, und es geht nicht ohne Übertreibung. Der Präsident von Boeing Commercial Airplanes, Jim Albaugh, wählt in seiner Ansprache gleich schon die erste Mondlandung als historischen Vergleich und greift noch tiefer in die Kiste der Superlative: „Dieses Flugzeug wird die Welt verändern“, verspricht er. Dann flattern auf Videowänden, die irgendwie auf den Jumbo einstimmen sollen, Vögel und Blüten durch die Halle, dazu Ballett-Tänzer, Frauen auf Luxus-Yachten, Autos, Delphine und Meereswellen. Der genaue Bezug dieser Motive zu der Enthüllungsveranstaltung rund um ein Flugzeug („Roll out“) bleibt indes unklar, aber
die erwünschte Emotionalisierung per Bild und Ton verfängt so doch.
Und es ist bisher ein Ladenhüter: Lediglich Lufthansa hat als Erstkunde gleich 20 Stück bestellt, dazu kommen acht Privatleute als Kunden sowie fünf Bestellungen von Korean Air. Den hohen Listenpreis von 300 Millionen Dollar dürfte keiner der Abnehmer wirklich bezahlt haben, eher ist von Preisen um die 200 Millionen Dollar die Rede.
Der Grund für diese Enttäuschung ist klar und er kommt aus Europa: Es ist das weltgrößte Passagierflugzeug Airbus A380. Zwar fliegt der Riesenvogel mit seinen 550 Sitzen (in der Drei-Klassen-Standardbestuhlung) eigentlich in einer anderen Liga als die 747-8 (467 Sitze). Das scheinen die Airlines ebenso zu sehen: Wenn schon groß, dann richtig.
Der neue Jumbo kommt auch mit einem Jahr Verspätung. Die Lufthanseaten um Flottenmanager Nico Buchholz („manchmal war es schwierig mit Boeing“) hatten 2002 den Anstoß für die Neuauflage gegeben und eine längere Version als geplant durchgesetzt: Mit 76,4 Metern ist die 747-8 jetzt das längste Flugzeug der Welt (der A380 kommt auf 73 Meter) und bietet 51 mehr Sitze als die Vorgängerversion. Dadurch wirkt die Spitze mit dem Doppeldeck noch mehr wie ein Schwanenkopf. Hübscher Nebeneffekt der Renovierung: Der neue Jumbo sieht nicht nur aus wie ein Jumbo, sondern muss auch weniger Tests durchlaufen als eine Neukonstruktion. Die deutsche Airline wird ihre Maschine als Erstbestellerin zwar im Frühjahr erhalten, doch in den Dienst düst der Jumbo wegen weiterer Tests erst im kommenden Jahr.
Dazu kombiniert Boeing viele neue Werkstoffe (Alu-Titan-Kunsstoff) in dem Flieger. Größere Fenster wie in der B-777 und helleres Interieur mit blauer LED-Beleuchtung an der Decke sollen mehr Licht und Großzügigkeit vermitteln. Elizabeth Lund, die Programmanagerin des neuen Jumbos, hatte ihr Produkt in den höchsten Tönen zu loben: „Mehr Pasagiere, mehr Reichweite, weniger Emissionen, weniger Lärm und die niedrigsten Kosten je Sitzplatz-Meile. Es ist das wirtschaftlichste Flugzeug der Welt.“
Zwei andere offene Fragen des Pasagierkomforts löst der Jumbo auch nicht: Weder wird die so genannte Zapfluft („bleed air“) vermieden, die konstruktionsbedingt Gifte aus dem Triebwerksöl in die Kabinenluft pressen kann, noch gibt es höhere Luftfeuchtigkeit und komfortableren Luftdruck an Bord der Maschine. Diese Verbesserungen seien erst in dem Dreamliner zu erwarten, erklären Boeing-Ingenieure.
Technik und Emotion
Wer in dieser bemerkenswerten Show-Mischung auch ein wenig Ablenkung von den nüchternen Fakten sieht, liegt nicht falsch: Der neue Jumbo mit dem Namen 747-8 (sprich: „747 dash-eight“) ist – allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz – eben kein neues Flugzeug, sondern ein altes Modell mit einigen Änderungen, vor allem an Flügeln und Triebwerken.Und es ist bisher ein Ladenhüter: Lediglich Lufthansa hat als Erstkunde gleich 20 Stück bestellt, dazu kommen acht Privatleute als Kunden sowie fünf Bestellungen von Korean Air. Den hohen Listenpreis von 300 Millionen Dollar dürfte keiner der Abnehmer wirklich bezahlt haben, eher ist von Preisen um die 200 Millionen Dollar die Rede.
Der Grund für diese Enttäuschung ist klar und er kommt aus Europa: Es ist das weltgrößte Passagierflugzeug Airbus A380. Zwar fliegt der Riesenvogel mit seinen 550 Sitzen (in der Drei-Klassen-Standardbestuhlung) eigentlich in einer anderen Liga als die 747-8 (467 Sitze). Das scheinen die Airlines ebenso zu sehen: Wenn schon groß, dann richtig.
Konkurrenz aus den eigenen Reihen
Der andere Grund steht ein paar Hundert Meter entfernt auf dem Boeing-Gelände bei Seattle: Es ist die eigentlich erhoffte Innovation in der Luftfahrt, der aus extrem leichter Carbonfaser gebaute Dreamliner 787. Er wird seit seinem Roll-out 2007 getestet und ist immer noch nicht einsatzbereit. Mal passten die angelieferten Carbonschalen nicht recht zusammen, dann war er doch zu schwer, mal zeigte die Außenhülle aus dem Kunststoff bedenkliche Wellen und Ausbeulungen. Trotzdem gingen rund 900 Bestellungen für den Plastik-Flieger ein.Der neue Jumbo kommt auch mit einem Jahr Verspätung. Die Lufthanseaten um Flottenmanager Nico Buchholz („manchmal war es schwierig mit Boeing“) hatten 2002 den Anstoß für die Neuauflage gegeben und eine längere Version als geplant durchgesetzt: Mit 76,4 Metern ist die 747-8 jetzt das längste Flugzeug der Welt (der A380 kommt auf 73 Meter) und bietet 51 mehr Sitze als die Vorgängerversion. Dadurch wirkt die Spitze mit dem Doppeldeck noch mehr wie ein Schwanenkopf. Hübscher Nebeneffekt der Renovierung: Der neue Jumbo sieht nicht nur aus wie ein Jumbo, sondern muss auch weniger Tests durchlaufen als eine Neukonstruktion. Die deutsche Airline wird ihre Maschine als Erstbestellerin zwar im Frühjahr erhalten, doch in den Dienst düst der Jumbo wegen weiterer Tests erst im kommenden Jahr.
Verjüngungskur für einen alten Bekannten
Der neue alte Flieger hat eine ganze Reihe von Innovationen an Bord: Da sind zum einen die Flügel in Flossenform, die einen großen Zugewinn an Aerodynamik versprechen. Zum anderen sollen mit der Boeing 747-8 endlich auch die Triebwerke mit den gezackten Rändern („chevron nozzles“) vom Hersteller General Electric zum Einsatz kommen. Sie mischen die heiße Luft aus der Turbine so mit der kalten Außenluft, so dass weniger Lärm als sonst durch den Zusammenprall von unterschiedlich temperierten Lüften ensteht.Dazu kombiniert Boeing viele neue Werkstoffe (Alu-Titan-Kunsstoff) in dem Flieger. Größere Fenster wie in der B-777 und helleres Interieur mit blauer LED-Beleuchtung an der Decke sollen mehr Licht und Großzügigkeit vermitteln. Elizabeth Lund, die Programmanagerin des neuen Jumbos, hatte ihr Produkt in den höchsten Tönen zu loben: „Mehr Pasagiere, mehr Reichweite, weniger Emissionen, weniger Lärm und die niedrigsten Kosten je Sitzplatz-Meile. Es ist das wirtschaftlichste Flugzeug der Welt.“
Nicht schlecht – aber nicht der beste
Das mag für bestimmte Fälle stimmen, doch in kleiner Runde musste Lufthanseat Buchholz der euphorischen Amerikanerin widersprechen: In Bezug auf die Sitzplatz-Meile sei der A380 eben doch etwas günstiger als der neue Jumbo – das hänge allerdings je nach Airline ganz von der Flugroute, der Bestuhlung und der sonstigen Konfiguration ab.Zwei andere offene Fragen des Pasagierkomforts löst der Jumbo auch nicht: Weder wird die so genannte Zapfluft („bleed air“) vermieden, die konstruktionsbedingt Gifte aus dem Triebwerksöl in die Kabinenluft pressen kann, noch gibt es höhere Luftfeuchtigkeit und komfortableren Luftdruck an Bord der Maschine. Diese Verbesserungen seien erst in dem Dreamliner zu erwarten, erklären Boeing-Ingenieure.
„Incredible, again“ (wiederum unglaublich) texteten die Boeing-Leute zur Einführung ihres neuen Jumbos, und irgendwie stimmt es ja auch: mit 1418 ausgelieferten Maschinen seit 1969 ist die 747 das erfolgreichste Langstreckenflugzeug überhaupt. Die Boeing-Mitarbeiter in Seattle genossen es sichtlich, nach all den Pleiten und Demütigungen rund um den Dreamliner und den relativen Erfolg der europäischen Konkurrenten mit dem A380 endlich wieder einen Grund zum Feiern gefunden zu haben. Ihre Freude und Begeisterung für das neu belebte Luftgefährt mit der klassischen Schwanenkopf-Form war das eigentlich Unglaubliche. Den Rest müssen die Tests beweisen.
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