Dienstag, 09.08.2011, 06:13 ·
Dienstag, 09.08.2011,
www.zumschneider.com„Zum Schneider“, New York: Spezialität sind die vielen deutschen Biersorten
Umfragen kommen immer zum gleichen Ergebnis: Die Amerikaner mögen Deutschland wegen des Biers. Das ist auch der Grund, warum in New York der „Beer Garden“ gerade einen Boom erlebt.
“40 Minuten Wartezeit”, sagt die dunkel gekleidete Frau am Eingang, ohne den Blick von ihrem dicken Notizbuch zu nehmen. 40 Minuten, so lange muss warten, wer wochentags ins “Loreley” gehen möchte. Das ist eine kleine Bar mit groben Holztischen, wo auf der Speisekarte Frikadellen und Pommes stehen und der Sauerkrautgeruch bis auf die Straße zieht. Was in München kaum für Aufsehen sorgen würde, ist derzeit in New York absolut hip. Das “Loreley” lockt nämlich nicht nur mit zwölf Sorten Importbier aus Deutschland, sondern vor allem mit seinem “Beer Garden”.
Ob “Loreley”, “Zum Schneider” oder “Bohemian Hall”, ob in Manhattan, Queens oder Brooklyn, überall sind in New York rustikale Schänken mit Sitzplätzen unter freiem Himmel entstanden. Die entsprechende iPhone-App “Beer Gardens NYC” zählt mittlerweile 54 von ihnen. Nicht selten befinden sich diese Biergärten in Hinterhöfen oder auf Dachterrassen. Um sie zu erreichen, werden die Besucher an Küchen und Toiletten vorbeigeschleust. Selten bieten diese Nischen der Muße Platz für mehr als fünf, sechs Bierbänke.
Kaiser Wilhelm schaut zu
Gerade das Zusammensitzen an gemeinsamen Tischen, “communal tables”, hat es den Amerikanern besonders angetan. Mit fremden Leuten am gleichen Tisch zu sitzen erleichtert die Kontaktaufnahme. Ob “Pretzeln” oder Zwiebelringe – alle tunken ihr Essen in die gleiche Käsesoße. Es werden Brettspiele gespielt. Man trinkt zwar nicht immer aus Maßkrügen, aber fast immer wird das Bier aus 1,5-Liter-Krügen, den Pitchern, ausgeschenkt. Unter Radeberger-Sonnenschirmen und Franziskaner-Lampen genießen viele New Yorker die schwüle Abendluft.
Serviert wird alles, was deutsch ist oder hier für deutsch gehalten wird. Dazu gehört der “Bratwurst-Burger” mit Krautbeilage und der “Apple Strudel” zum Nachtisch. Rundherum blühen Geranien in Kübeln und an den Wänden hängt schon mal ein Bild vom alten Kaiser Wilhelm. Wenn er könnte, er würde mit den Augen zwinkern. Nur im Fernsehen über dem Tresen läuft Baseball. Mit Fußball können selbst die amerikanischen Beer-Garden-Anhänger wenig anfangen.
Michael TulipanWartezeiten bis zu 40 Minuten: „Loreley“ Beer Garden
Der größte und älteste Biergarten liegt im Queens-Stadtteil Astoria direkt an der gleichnamigen U-Bahn-Haltestelle. Hohe Mauern schirmen ihn vom Straßenlärm ab. Hier wachsen zwar keine Linden und keine Eichen, aber dafür Ahorn. Und es herrscht auch keine dumpfe Brauhausstimmung. Schwarzbrot und Folienkartoffeln mit vegetarischer Beilage passen gut zum Health-Food-Trend, mit dem das liberale Amerika sich von der Burger-versessenen Fresskultur der Masse abheben will. Einladend und ursprünglich fühlen sich die Beer Gardens an, es sind Rückzugsorte im schnelllebigen Alltagsgewusel.
Disney-Dirndl und Surfer-Musik fehlen
Zu viel vom alternativen Lebensstil will man in Astoria aber auch nicht. Am Eingang werden die Taschen der Besucher kontrolliert. Zu sehr hatte es sich unter den Beer-Garden-Besuchern eingebürgert, Essen und Getränke selbst mitzubringen – sehr zum Ärger des Inhabers.
Astorias Biergarten ist mehr als 100 Jahre alt. Er war schon vor dem Hype da und er wird noch da sein, sollte dieser einmal enden. Amerikanisierte Trachtenkleidung, wie sie die Bedienung in manch anderer Bar trägt, gibt es hier nicht. Das Disney-Dirndl wäre an diesem Ort so fehl am Platz wie die Surfer-Musik von Jack Johnson, die sie im Hafen-Biergarten unten am Battery-Park spielen. Da, wo die Fähren zur Freiheitsstatue ablegen und wo die Touristen verkehren.
Fragt man “Warum seid ihr da?“, bekommt man meist zu hören: “Weil es 40 Sorten Bier gibt.“ Das stimmt, die lange Liste auf der Getränkekarte reicht von Hacker-Pschorr bis Beck’s. Das wird aber auch andernorts ausgeschenkt. Was die Gäste nur mühsam beschreiben können, ist jene unbeschreibbare Mischung aus Freude am Zusammensein und Spaß daran, sich im Freien aufzuhalten, in entspannter Atmosphäre und ohne Dresscode und Coolness-Zwang. Was sie meinen, ist ein Gefühl, für das sie im Englischen gar kein Wort haben: Gemütlichkeit.
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Source:focus
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