PRÄSIDENTENTREFFEN IM WEISSEN HAUS
Obamas Lunch im exklusivsten Club der Welt
Von Gregor Peter Schmitz, Washington
George Bush packt die Umzugskartons, sein Nachfolger übt schon den perfekten Auftritt für die Geschichtsbücher: Im Weißen Haus traf der künftige US-Präsident Barack Obama seine Vorgänger zum Mittagessen. Eine vergleichbare Zusammenkunft gab es zuletzt vor fast drei Jahrzehnten.
Washington - Es liegt Abschiedsstimmung in der Luft - doch zu Stephen Hadley ist die noch nicht herübergeweht. George W. Bushs Nationaler Sicherheitsberater steht am Mittwochmittag auf der Bühne des "Center for Strategic and International Studies". Es geht um US-Außenpolitik. Hadley spricht über das böse Russland, den Kampf gegen den Terrorismus, die Schlacht für Freiheit und Demokratie in der Welt.
Treffen der Legenden: George H.W. Bush, Barack Obama, George W. Bush, Bill Clinton, Jimmy Carter im Oval Office (von links nach rechts)
"Die Entwicklung zu einer freien Gesellschaft braucht Zeit", ruft Hadley, der Bush volle acht Jahre gedient hat. Und er wirkt dabei, als solle die Bush-Revolution gerade erst beginnen.
Doch Hadleys Boss scheint damit längst abgeschlossen zu haben. Seit Wochen betont der Republikaner, nur noch eine möglichst reibungslose Übergabe an Barack Obama sicherstellen zu wollen. Helfer lassen verlauten, der Präsident packe im Weißen Haus schon die Umzugskartons.
Fast zeitgleich mit Hadleys kämpferischem Auftritt lächelt Bush im Oval Office fröhlich für Abschiedsfotos in die Kameras. Zu Besuch sind die Mitglieder des vielleicht exklusivsten Clubs der Welt: frühere US-Präsidenten - und Barack Obama, der neu gewählte. Vater Bush steht dem Sohn als Republikaner zur Seite, Jimmy Carter und Bill Clinton sind die demokratischen Vorgänger Obamas.
Böse Worte sind tabu
"Ich danke dem gewählten Präsidenten, dass er mit den Ex-Präsidenten zusammen trifft", begrüßt Bush den - ganz so, als sei er selbst schon gar nicht mehr im Amt. "Wir wollen, dass Sie Erfolg haben. Ob Republikaner oder Demokraten, uns liegt dieses Land am Herzen." Die Herren Präsidenten strahlen dazu um die Wette.
Treffen der einstigen Herrscher der westlichen Welt erinnern an Beerdigungen oder Hochzeiten - böse Worte sind tabu, alle haben sich lieb. Also ist in diesem Moment ganz vergessen, dass Carter dem aktuellen Amtsinhaber eine unverantwortliche Außenpolitik unterstellte. Dass Obama im Wahlkampf predigte, nach acht Jahren Bush brauche das Land vor allem Wechsel. Dass Bill Clinton Obama im hitzigen Vorwahlduell mit seiner Gattin als eine Art grünen Jungen darstellte.
Schließlich handelt es sich hier um ein "historisches Ereignis", wie Bush-Sprecherin Dana Perino hervorhebt. Es ist die erste solche Zusammenkunft im Weißen Haus seit 1981. Die Idee stammt von Obama, der sie beim ersten privaten Gespräch mit Bush im November vorschlug.
Nun dankt er diesem artig für die Organisation des "außergewöhnlichen Treffens". "Alle Gentlemen hier verstehen etwas von den Möglichkeiten und den Druck dieses Amtes", sagt Obama. "Es ist eine außergewöhnliche Gelegenheit für mich, ihren guten Rat zu hören. Dafür bin ich allen sehr dankbar."
Ist das die neue nette Art von Politik in Washington? Miteinander statt Gegeneinander, über Parteigrenzen hinweg?
In diesen Tagen versucht Obama, sein 775 Milliarden-Dollar-Konjunkturprogramm dem Kongress schmackhaft zu machen, er benötigt dafür auch die Stimmen von Republikanern. Neben den Bushs zu posieren, kann da nicht schaden.
Immerhin darf die Dynastie noch auf eine Kern-Anhängerschaft unter Konservativen zählen - und Respekt vor dem Oval Office und dem Präsidentenamt sind Eigenschaften, die Republikaner schätzen und demokratischen "Lümmeln" wie Bill Clinton absprachen.
"Wir alle wären gerne eine Fliege an der Wand"
Bush versprach bei seinem Amtsantritt 2001 ausdrücklich, die "Ehre" des Weißen Hauses nach den Clinton-Chaosjahren wieder herzustellen. Mit seiner betonten Höflichkeit kann sich Obama von diesem Demokraten-Ballast gleich wohltuend abgrenzen.
Die Presse, die für den Fototermin ins Allerheiligste des Weißen Hauses geschleust wird, ist natürlich mal wieder nur halb so respektvoll. Die Journalisten lärmen im Oval Office, sie rufen sogar Obama die böse Frage zu, ob der von den Fehlern der anwesenden Vorgänger lernen wolle.
Er wolle von deren Erfolgen lernen, gibt dieser sanft lächelnd zurück. Beim anschließenden Präsidenten-Mittagessen, rund 90 Minuten lang, muss die Presse dann draußen bleiben.
Was gesprochen wurde? Was gegessen wurde? "Wir alle wären dabei gerne eine Fliege an der Wand", lächelt Sprecherin Perino bloß.
Es ging wohl auch eher um ein Bild für die Geschichtsbücher. Vier weiße Männer heißen den ersten schwarzen US-Präsidenten in ihrem Club willkommen. Und während die Kameras klicken, gönnen die mächtigen Männer den Reportern doch noch ein paar Wortfetzen.
Es ist natürlich Bill Clinton, der den Mund doch nicht ganz halten kann. Er deutet auf den Teppich im Oval Office, den jeder neue Amtsinhaber auswählen darf, und lobt ihn offenbar.
Noch-Hausherr Bush lächelt dankbar. Wenigstens etwas richtig gemacht in den letzten acht Jahren.
source spiegel
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